Was Sie schon immer über Steuern und Co wissen wollten und sollten
Im Leben spielen steuerliche Aspekte eine bedeutende Rolle.
Sie fragen sich, was der Fiskus einfordert und ob es Ausnahmen gibt? Sie möchten wissen, ob und wie Ihre Rente besteuert wird, wann Sie Anspruch auf Kindergeld haben oder was es mit der Bedürftigkeit auf sich hat?
Hier finden Sie allgemeine Informationen rund ums Steuerrecht. Ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, private oder juristische Personen: Wir helfen Ihnen weiter.
Übergangsfrist verlängert: Umsatzsteuerpflicht für Kommunen
Mit der gesetzlichen Neuregelung zur Unternehmereigenschaft nach § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) ist für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) eine neue Zeitrechnung angebrochen. In der Vergangenheit galten jPöR ausschließlich im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art als umsatzsteuerliche Unternehmer. Während originär hoheitliche Tätigkeiten auch weiterhin von der Umsatzsteuer ausgenommen sind, werden Leistungen, die jPöR unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Unternehmer erbringen oder die andere Wirtschaftsteilnehmer genauso wie die öffentliche Hand erbringen könnten, nach der neuen Rechtslage nun umsatzsteuerlich relevant. Daher sind beispielsweise Leistungen wie die Überlassung von Parkplätzen oder die Beglaubigung von Dokumenten auf eine mögliche Umsatzsteuerpflicht zu prüfen.
Einer Pressemitteilung des Finanzministeriums Thüringen ist zu entnehmen, dass der Freistaat die Neuregelung erst ab dem 01.01.2025 anwenden wird. Die Kommunen können jedoch selbst entscheiden, ob sie die alte Regelung noch längstens bis zum 31.12.2024 anwenden oder bereits unter der neuen Rechtslage tätig werden.
Sofern Kommunen die Verlängerung der Frist in Anspruch nehmen, liegen bis zum 31.12.2024 auf kommunaler Ebene nur dann steuerbare Umsätze vor, wenn diese im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden. Unterhält eine Kommune weder einen Betrieb gewerblicher Art noch einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb und bezieht sie auch keine innergemeinschaftlichen Leistungsbezüge, so sind auch keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder Jahreserklärungen abzugeben. Für Leistungen außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs darf in Rechnungen und Verträgen keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden. Sollte Umsatzsteuer ausgewiesen sein, wird diese gegenüber dem Finanzamt auch geschuldet.
Wird die Verlängerung der Frist nicht in Anspruch genommen, müssen die Kommunen ihre ursprüngliche Optionserklärung gegenüber dem Finanzamt widerrufen. Spätestens allerdings zum 01.01.2025 müssen die Kommunen § 2b UStG anwenden und für bestimmte Leistungen Umsatzsteuer ausweisen.
Hinweis: Die Neuregelung sollte eigentlich bereits ab dem 01.01.2023 greifen. Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde die zwingende Anwendung des § 2b UStG jedoch noch einmal um zwei Jahre verschoben.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Plattformen-Steuertransparenzgesetz: Onlineverkäufe ab 2023 werden dem Fiskus gemeldet
Betreiber von Verkaufsplattformen im Internet sind seit diesem Jahr verpflichtet, die Geschäftsaktivitäten ihrer Nutzer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu melden, welches die Daten dann an die Finanzämter weiterleitet. Diese Meldepflicht geht aus dem neuen Plattformen-Steuertransparenzgesetz hervor, mit dem Deutschland eine entsprechende EU-Richtlinie umsetzt. Die erste Übermittlung für den Meldezeitraum 2023 ist im Januar 2024 durchzuführen.
Plattformen wie Ebay, Momox, Airbnb oder Etsy müssen demnach die Dienstleistungs- und Veräußerungsgeschäfte sowohl von professionellen Verkäufern als auch von Privatpersonen melden. Es gilt hierbei jedoch eine Bagatellgrenze von 30 Verkäufen pro Plattform und Jahr mit Einnahmen von insgesamt unter 2.000 EUR. Wer in diesem geringfügigen Rahmen auf Online-Plattformen tätig ist, wird also nicht gemeldet.
Hinweis: Ob Verkaufsaktivitäten auf Online-Plattformen letztlich in die Steuerpflicht führen, hängt sehr vom Einzelfall ab und sollte mit dem steuerlichen Berater besprochen werden. Wer seinen Keller oder Dachboden entrümpelt und den vorgefundenen Hausrat im Internet verkauft, muss in der Regel keine steuerlichen Konsequenzen befürchten, denn als Privatverkäufer ohne Gewinnerzielungsabsicht entfaltet seine Tätigkeit keine steuerliche Relevanz. Werden die Internetverkäufe aber immer weiter ausgebaut, kann die Schwelle von einem (regelmäßig steuerfreien) Privatverkauf zu einem (steuerpflichtigen) gewerblichen Handel überschritten werden.
Wer als Onlinehändler die Merkmale der Gewerblichkeit erfüllt, sollte frühzeitig mit offenen Karten spielen und seine Umsätze und Gewinne gegenüber dem Fiskus angeben. Da die Finanzbehörden nun über die Geschäftsaktivitäten informiert werden, lassen sich Verkäufe im großen Stil praktisch nicht mehr verheimlichen. Werden gewerbliche Händler im Nachhinein enttarnt, drohen ihnen erhebliche Steuernachzahlungen und Zinsforderungen sowie ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung.
Hinweis: Wer bislang als gewerblicher Onlinehändler im Verborgenen agiert hat, sollte mit seinem steuerlichen Berater zeitnah das Einlegen einer strafbefreienden Selbstanzeige mit Nacherklärung der Einkünfte besprechen.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Zulässige Ergänzungsabgabe: Solidaritätszuschlag als verfassungsgemäß eingestuft
Bereits seit 1991 müssen Steuerzahler in Deutschland den Solidaritätszuschlag zahlen. Die ursprünglich befristete Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer fällt damit - bis auf kurze Unterbrechungen von 1992 bis 1994 - bereits seit 33 Jahren an. Eingeführt wurde die Abgabe unter anderem, um die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren.
Das Allerneueste hierzu ging durch alle Publikumsmedien, gleichwohl wollen wir es auch an dieser Stelle quasi offiziell bestätigen: In einem vielbeachteten Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden, dass die Erhebung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 gleichwohl noch verfassungsgemäß war. Geklagt hatten Eheleute, die sich unter anderem auf das Auslaufen der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019 berufen hatten. Sie waren der Ansicht, dass der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden durfte und sein Ausnahmecharakter eine dauerhafte Erhebung verbietet. Darüber hinaus sahen sie sich in ihren Grundrechten verletzt, da der Solidaritätszuschlag seit dem Jahr 2021 als verkappte "Reichensteuer" wirke.
Hinweis: Seit 2021 betrifft der Solidaritätszuschlag nur noch Besserverdienende und ist für 90 % der Lohn- und Einkommensteuerzahler entfallen. Denn mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wurde geregelt, dass der Zuschlag erst erhoben wird, wenn die Einkommensteuer pro Jahr bei mehr als 16.956 EUR (Ledige) bzw. 33.912 EUR (Paare bei Zusammenveranlagung) liegt. Für das Steuerjahr 2022 bedeutet dies, dass der Solidaritätszuschlag erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 62.603 EUR (Ledige) bzw. 125.206 EUR (Zusammenveranlagte) anfällt.
Der BFH teilte die Bedenken der klagenden Eheleute nicht und sah davon ab, die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Dem Urteil nach muss eine Ergänzungsabgabe wie der Solidaritätszuschlag nicht von vornherein befristet werden. Die Rechtfertigung als Ergänzungsabgabe bestand nach Gerichtsmeinung auch zum Jahresende 2019 fort. Auch in den Jahren 2020 und 2021 war ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes gegeben, unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts. Mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wurde deutlich, dass der Gesetzgeber den Zuschlag nicht unbegrenzt erheben will, sondern nur für eine Übergangszeit.
Der BFH sah auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, da der ab 2021 erfolgte Zuschnitt des Solidaritätszuschlags auf Besserverdiener gerechtfertigt sei. Die Steuer- und Abgabenlast darf (und soll) an die Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers anknüpfen und soziale Gesichtspunkte berücksichtigen. Eine Beschränkung auf hohe Einkünfte ist damit gerechtfertigt.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Bürgerliche Kleidung: Vorsteuer darf auch bei beruflicher Verwendung nicht abgezogen werden
Trauerredner benötigen für ihre Berufsausübung eine angemessene Garderobe. Daher scheint es im Falle einer unternehmerisch ausgeübten Tätigkeit naheliegend, die Vorsteuer aus dem Kauf, der Änderung und der Reinigung der Kleidung gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diesem Ansinnen nun jedoch einen Riegel vorgeschoben und entschieden, dass die Garderobe eines Trauerredners zur bürgerlichen Kleidung zählt und somit lediglich Aufwendungen für die private Lebensführung vorliegen, für die das Umsatzsteuergesetz den Vorsteuerabzug ausschließt. Dass die Kleidung für die Berufsausübung genutzt wird, führt nach Gerichtsmeinung zu keinem anderen Ergebnis, denn Aufwendungen für die Lebensführung werden auch dann vom Vorsteuerabzugsverbot erfasst, wenn sie zur Förderung des Berufs getragen werden. Der BFH verwies darauf, dass ein Vorsteuerabzug nur für typische Berufskleidung möglich ist, die nicht auch zu privaten Anlässen getragen werden kann.
Hinweis: Kosten für typische Berufskleidung wie beispielsweise Uniformen, Richterroben, Blaumänner und Arbeitsschutzausstattung dürfen auch als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Dies gilt sowohl für Arbeitnehmer als auch Selbständige. Das Finanzamt erkennt auch die Kosten für die Reinigung (Waschen, Trocknen und Bügeln) von typischer Berufskleidung an. Abziehbar sind sowohl die Kosten für die Wäscherei als auch das Waschen in Eigenregie.
Der BFH hatte wenige Monate zuvor im gleichen Fall entschieden, dass die Garderobe des Trauerredners auch nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden darf. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass auch im Einkommensteuerrecht ein Abzugsverbot für bürgerliche Kleidung gilt.
Hinweis: Die BFH-Entscheidung wirkt sich auf alle Erwerbstätigen aus, die bei ihrer Berufsausübung bürgerliche Kleidung tragen und hierfür Vorsteuer geltend machen wollen. Das Abzugsverbot dürfte gleichermaßen beispielsweise auch für schwarze Anzüge von Bestattern, Kellnern und Geistlichen gelten.
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zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 04/2023)
Erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht: Anknüpfung an deutsche Staatsangehörigkeit ist verfassungsgemäß
Erwerbe von Todes wegen, Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen unterliegen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, sofern ein sogenannter Inländer daran beteiligt ist - sei es als Erblasser (zum Zeitpunkt seines Todes), als Schenker (zur Zeit der Ausführung der Schenkung) oder als Erwerber (zur Zeit der Steuerentstehung). Diese unbeschränkte Steuerpflicht tritt für den gesamten Vermögensanfall ein. Als Inländer gilt eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Nach den Regelungen zur sogenannten erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht werden als Inländer aber auch deutsche Staatsangehörige erfasst, die sich nur für maximal fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben (und in dieser Zeit ohne Inlandswohnsitz waren).
Hinweis: Der Gesetzgeber zielt mit dieser Regelung vor allem auf deutsche Wegzügler ab, die sich erst relativ kurze Zeit im Ausland aufgehalten haben, bevor Vermögen "verschoben" wird.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Regelungen zur erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht nun als verfassungsgemäß eingestuft. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine deutsche Staatsangehörige ihrem Sohn einen Monat, nachdem sie in die Schweiz gezogen war, ein Grundstück in der Eidgenossenschaft geschenkt. Der Sohn klagte gegen den Schenkungsteuerbescheid des deutschen Finanzamts und machte unter anderem geltend, dass die Regelung zur erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht deutsche und nichtdeutsche Staatsangehörige in verfassungswidriger Weise ungleich behandele.
Der BFH sah jedoch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung und verwies auf die weite Gestaltungsfreiheit, die dem Gesetzgeber bei der Abfassung der Regelung zustand. Dieser durfte die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht speziell auf deutsche Staatsangehörige zuschneiden, weil er hierdurch den engen Inlandsbezug herstellen konnte, auf den die Besteuerung abzielte.
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zum Thema: | Erbschaft-/Schenkungsteuer |
(aus: Ausgabe 04/2023)
Kindergeldanspruch: Wann endet die Meldung als "arbeitsuchend"?
Für Kinder im Alter zwischen 18 und 20 Jahren besteht auch dann noch ein Anspruch auf Kindergeld und Kinderfreibeträge, wenn sie sich nicht in einem Beschäftigungsverhältnis befinden, jedoch bei einer Agentur für Arbeit im Inland als arbeitsuchend gemeldet sind.
Wann ein Kind in diesem Sinne "arbeitsuchend" ist, hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Fall untersucht, in dem eine volljährige Tochter nach ihrer Schulausbildung und einem Auslandsjahr als Au-pair vorübergehend arbeitsuchend war. Die Familienkasse hatte einen Kindergeldanspruch für die Zeit der Arbeitsuche abgelehnt und darauf verwiesen, dass das Kind bei der Agentur für Arbeit nicht als arbeitsuchend gemeldet war. Die Mutter klagte gegen die Entscheidung der Kasse. Im Prozessverlauf ergab sich, dass die Tochter im ersten Monat nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland eben doch als arbeitsuchend gemeldet war und es danach zu einem Gesprächstermin zwischen der Agentur und ihr gekommen war. In Folge dieses Termins stellte die Agentur ihre Vermittlungsbemühungen ein und der "Beratungsprozess" wurde einvernehmlich beendet.
Der BFH gestand der Mutter das Kindergeld gleichwohl für den kompletten Zeitraum der Arbeitsuche zu und erklärte, dass die ursprünglich abgegebene Arbeitsuchendmeldung nicht wirksam revidiert worden war. Der Status "arbeitsuchend" ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung etwa dann beendet, wenn das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begeht, welche die Arbeitsagentur zur Einstellung der Vermittlung berechtigt. Liegt keine solche Pflichtverletzung vor, läuft der Status als Arbeitsuchender nur aus, wenn das Kind dies entweder selbst verlangt oder eine wirksame Einstellungsverfügung ergeht.
Hinweis: Im vorliegenden Fall ließ sich keine Pflichtverletzung des Kindes feststellen. Die Arbeitsuchendmeldung bestand somit fort, da weder eine wirksame Einstellungsverfügung noch der Wunsch des Kindes nach einer Abmeldung vorgelegen hatte. Dass die Beratung und die Vermittlung damals einvernehmlich beendet wurden, führte hingegen nicht zum Wegfall der Arbeitsuchendmeldung.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Zustellung eines Gerichtsurteils: Auch bei Pandemielage müsste der Postbote eigentlich klingeln
Für die Zustellung von Gerichtsentscheidungen und besonders wichtiger Verwaltungspost schreibt die Zivilprozessordnung (ZPO) strenge Regelungen vor. Die Postsendung darf demnach nur dann vom Postboten in den Briefkasten eingelegt werden, wenn der Empfänger nicht angetroffen werden konnte und auch eine Übergabe an erwachsene Familienangehörige, Haushaltsbedienstete oder andere Beschäftigte nicht gelungen ist.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass eine förmliche Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten unwirksam ist, wenn der Postbote zuvor nicht versucht hat, die Postsendung persönlich zu übergeben. Er muss also zunächst an der Wohnung oder den Geschäftsräumen klingeln. Nach Auffassung des Gerichts gilt dies auch während der Corona-Pandemie.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Postzusteller ein Gerichtsurteil an einem Samstag (während der Corona-Pandemie) in den Briefkasten einer Steuerberatungskanzlei eingeworfen. Die Mitarbeiter der Kanzlei hatten den Briefkasten jedoch erst am darauffolgenden Montag geleert und ausgehend von diesem Tag die einmonatige Frist zur Einlegung der Revision berechnet. Nachdem ihre Revision kurz vor Ablauf dieser Frist eingelegt worden war, stufte die Senatsgeschäftsstelle des BFH sie zunächst als verfristet ein, da sie die Fristberechnung ausgehend vom Tag des Briefeinwurfs vorgenommen hatte.
Im Zuge des Verfahrens vernahm der BFH den damals zuständigen Postboten. Dieser erklärte, dass er von seinen Vorgesetzten mündlich angewiesen worden sei, in Zeiten der Corona-Pandemie kontaktlos zuzustellen und insbesondere auf ein Betätigen der Klingel vor dem Einlegen der Sendung in den Briefkasten zu verzichten. So habe er es auch an dem hier fraglichen Tag gehandhabt. Der BFH stufte diese Aussage als glaubhaft ein, erklärte allerdings, dass diese Vorgehensweise nicht den Anforderungen an eine förmliche Zustellung entsprach. Für Zeiten der Corona-Pandemie hatten weder Bundes- noch Landesgesetzgeber pandemiebedingte Erleichterungen für die Zustellung geschaffen, so dass die ZPO-Vorschriften "in Reinform" fortgalten. Eine wirksame Zustellung durch Einlegen in den Briefkasten kann somit nur erfolgen, wenn zuvor erfolglos versucht worden ist, die Briefsendung persönlich zu übergeben.
Hinweis: Die Frist zum Einlegen der Revision war demnach tatsächlich erst ab Montag, dem Tag der Briefkastenleerung durch die Kanzleimitarbeiter, zu berechnen, so dass die Revision am Ende noch rechtzeitig eingelegt worden war.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Bei einem Überraschungsurteil: Gericht darf Klageabweisung nicht auf unerörterte Gesichtspunkte stützen
Bei Rechtsstreitigkeiten vor den Finanzgerichten (FG) gelten wei bei allen Gerichten die Grundsätze rechtlichen Gehörs. Demnach müssen die Prozessbeteiligten die Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten zuvor hatten äußern können. Stützt das Gericht seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt, auf den es die Beteiligten zuvor nicht hingewiesen hat und der dem Rechtsstreit eine unerwartete Wendung gibt, kann ein Verfahrensmangel in Form der Verletzung rechtlichen Gehörs vorliegen. Man spricht in diesem Fall von einer Überraschungsentscheidung.
Hinweis: Die Prozessbeteiligten müssen zwar von sich aus - bei umstrittenen und problematischen Rechtslagen - alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte in Betracht ziehen und ihren Sachvortrag darauf einstellen. Sie müssen aber nicht damit rechnen, dass ihre Klage aus einem Grund abgewiesen wird, den weder die Beteiligten noch das Gericht zuvor in das Verfahren eingeführt haben.
Wie ein solcher Verfahrensmangel aussehen kann, wird anhand eines neuen Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) deutlich: Im vorliegenden Fall war vor dem FG München strittig gewesen, ob ein steuerpflichtiger Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen entstanden war, obwohl über das Vermögen der Gesellschaft zuvor das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Fraglich war zudem, ob die Wertlosigkeit der Anteile bei Veräußerung nachgewiesen war. Bei dieser Sachlage hatte das FG München die Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und sich auf eine völlig neue Begründung gestützt: Die Anteilsveräußerung sei ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen, der steuerlich nicht anzuerkennen sei, da die Anteilserwerberin nicht (wie zwischen fremden Dritten üblich) im Aktienregister eingetragen war.
Der BFH hob das klageabweisende FG-Urteil nun auf und verwies dies Sache zurück an das FG zur anderweitigen Verhandlung. Die Bundesrichter sahen in dem Urteil eine Überraschungsentscheidung und verwiesen darauf, dass die Kläger mit der Wendung im Prozess nicht hätten rechnen müssen, zumal die Begründung des Gerichts auch noch rechtlich fehlerhaft war. Bei einer zivilrechtlichen Übertragung von Anteilen ist es nämlich gar nicht erforderlich, dass die Erwerberin im Aktienregister eingetragen ist.
Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass überraschende Entscheidungen des FG mit Erfolg angefochten werden können, wenn die Begründung auf bislang unerörterten, vollkommen neuen Gesichtspunkten fußt.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Selbstnutzung oder Verpachtung: Umsatzsteuer für Jagdbezirke
Eine Verfügung zur Behandlung der Umsätze im Rahmen der Selbstnutzung und Verpachtung von Jagdbezirken kommt vom Bayerischen Landesamt für Steuern (BayLfSt). Die Behörde erläutert darin auch die umsatzsteuerliche Behandlung der Nutzung von Gemeinschaftsjagdrevieren durch Jagdgenossenschaften hinsichtlich der Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand.
Es wird klargestellt, dass das Jagdrecht untrennbar mit dem Eigentum am Grund und Boden verbunden ist und nur in Jagdbezirken ausgeübt werden darf. Eigenjagdbezirke liegen vor, wenn sie im Eigentum einer Person oder Personengemeinschaft stehen. Gemeinschaftliche Jagdbezirke bilden alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören. Die Eigentümer der Flächen bilden kraft Gesetzes Jagdgenossenschaften. Das Jagdausübungsrecht steht im Eigenjagdrevier dem Eigentümer zu, im Gemeinschaftsjagdrevier der Genossenschaft. Das Jagdrecht kann der Inhaber des Jagdausübungsrechts entweder selbst ausüben oder verpachten.
Die Selbstnutzung des Jagdausübungsrechts durch den Grundbesitzer ist Ausfluss der Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Ist die Nutzung der Eigenjagd nicht mehr Ausfluss eines selbstbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, fallen die im Rahmen der Jagd getätigten Umsätze unter die Regelbesteuerung (beispielsweise bei Verpachtung des eigenen landschaftlichen Betriebs im Ganzen). Sofern ein Land- und Forstwirt sein Eigenjagdrevier verpachtet, erfolgt diese Verpachtung nicht im Rahmen eines selbstbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Dieser Verpachtungsumsatz unterliegt der Regelbesteuerung.
Das BayLfSt geht explizit auf die Neuregelung der Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) durch die Einführung des § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) ein. Dieser ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 ausgeführt werden. Aufgrund einer optionalen Übergangsregelung, die bis zum 31.12.2024 verlängert wurde, ist die bisherige Umsatzbesteuerung weiterhin anwendbar. Für Umsätze die nach dem 31.12.2024 ausgeführt werden, ist eine Option zur Altregelung jedoch nicht mehr möglich.
Die Jagdgenossenschaften in Bayern haben überwiegend von der Optionsregelung Gebrauch gemacht und wenden daher die Neuregelung erst ab dem 01.01.2025 an. Sofern die Genossenschaft von der Optionsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, führt die langfristige Verpachtung des Jagdrechts zu einer nichtsteuerbaren Vermögensverwaltung. Wird jedoch § 2b UStG angewendet, übt die Genossenschaft mit der Eigenbewirtschaftung bzw. der Verpachtung der Jagd eine nachhaltige, wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen selbständig aus. Sie ist somit Unternehmer und führt folglich umsatzsteuerbare und steuerpflichtige Leistungen aus.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Gewerbesteuerpflicht: Ist ein Off-Sprecher künstlerisch tätig?
Der wichtigste Unterschied zwischen einer freiberuflichen und einer gewerblichen Tätigkeit ist ganz einfach die Gewerbesteuerpflicht. Diese zusätzliche Steuer ist für die gewerblichen Gewinne zu entrichten, für Gewinne aus freiberuflicher Tätigkeit jedoch nicht. Ob jemand gewerblich oder freiberuflich tätig ist, ist allerdings manchmal nicht so einfach zu entscheiden, da hierbei viele Aspekte zu berücksichtigen sind. Im Streitfall musste sich das Finanzgericht Köln (FG) mit dieser Frage befassen.
Der Kläger ist ausgebildeter Journalist. Er erzielte Einkünfte aus der Tätigkeit als Sprecher von Fernsehproduktionen (der größte Teil seiner Tätigkeit), als Synchronsprecher, als Sprecher von Werbe- und Ansagetexten sowie aus Coachingtätigkeiten. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde anhand von Beispielen die Tätigkeit des Klägers auf ihren künstlerischen Inhalt hin geprüft. Seine Tätigkeit als Synchronsprecher wurde zwar als künstlerisch qualifiziert, war jedoch hinsichtlich Umfang und Einnahmen nur von untergeordneter Bedeutung. Die anderen Tätigkeiten hingegen wurden als nicht künstlerisch eingestuft. Das Finanzamt behandelte daraufhin die Gewinne der Jahre 2009 bis 2013 als gewerblich und änderte die Gewerbesteuermessbeträge.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolgreich. Nach Ansicht des Gerichts ist die Tätigkeit des Klägers als Off-Sprecher zwar nicht als journalistisch, jedoch als künstlerisch einzuordnen. Seine Sprechertätigkeit und seine sonstige Mitwirkung bei TV-Sendungen und TV-Dokumentationen genügten den Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine Anerkennung der sogenannten Gebrauchskunst als künstlerische Tätigkeit stelle. Der Kläger habe in einem maßgeblichen Umfang an der redaktionellen Über- und Bearbeitung der Sprechtexte mitgewirkt. Darüber hinaus unterstreiche auch die Sprechertätigkeit im eigentlichen Sinne, also die Darbietung des Textes in der Endfassung, die künstlerische Tätigkeit des Klägers. Denn hierbei handele es sich nicht um das bloße Ablesen oder den reinen Vortrag eines Textes.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Datenübermittlung von Dritten: Bescheidänderung bei fehlerhafter Berücksichtigung
Im Zuge der Digitalisierung des Besteuerungsprozesses sind einige Stellen dazu verpflichtet, steuerrelevante Daten elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln. Das sind beispielsweise die Daten der Lohnsteuerbescheinigung oder auch die Beitragszahlungen an die Krankenkassen. Den Finanzbehörden liegt damit schon ein Teil der relevanten Daten vor, bevor Sie Ihre Einkommensteuererklärung eingereicht haben. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) musste nunmehr darüber entscheiden, ob aufgrund einer fehlerhaften Berücksichtigung der übermittelten Daten durch das Finanzamt ein Bescheid noch einmal geändert werden darf.
Die Klägerin erzielte von Januar bis September 2018 Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis mit einem öffentlichen Arbeitgeber. Ab Oktober war sie bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt. Die Lohnsteuerbescheinigungen wurden zutreffend an das Finanzamt übermittelt. Im Februar 2020 reichten die Klägerin und ihr Ehemann die Einkommensteuererklärung 2018 ein. Darin erklärte sie nur den Arbeitslohn aus der zweiten Tätigkeit. Dennoch setzte das Finanzamt den Arbeitslohn aus der ersten und der zweiten Lohnsteuerbescheinigung an. Am 03.04.2020 erließ es den Bescheid. Am 08.04.2020 reichte die Klägerin eine geänderte Einkommensteuererklärung ein und erklärte erneut nur den Arbeitslohn aus der zweiten Bescheinigung, aber weitere Werbungskosten. Das Finanzamt änderte daraufhin den Bescheid und setzte nur den Arbeitslohn laut zweiter Bescheinigung an. Am 27.05.2021 wurde der Bescheid durch das Finanzamt nochmals geändert und erneut der Arbeitslohn des gesamten Jahres berücksichtigt. Gegen diese Änderung zu ihren Ungunsten wehrte sich die Klägerin.
Die Klage vor dem FG war unbegründet. Das Finanzamt habe den Bescheid nach der Abgabenordnung ändern können, soweit die übermittelten Daten nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt worden seien. Die Übermittlungspflicht des Arbeitgebers für Lohnsteuerbescheinigungen ergebe sich aus dem Einkommensteuergesetz. Es komme nicht darauf an, ob dem Steuerpflichtigen bei der Erstellung seiner Steuererklärung ein Schreib- oder Rechenfehler oder dem Finanzamt bei Erlass des Steuerbescheids ein mechanisches Versehen, ein Fehler bei der Tatsachenwürdigung oder bei der Rechtsanwendung unterlaufen sei. Für die Änderungsmöglichkeit bei unzutreffender Berücksichtigung übermittelter Daten sei es unerheblich, ob dem Finanzamt oder den Steuerpflichtigen ein Verschulden treffe. Es bestehe eine Änderungspflicht des Finanzamts.
Hinweis: Die Revision wurde zugelassen.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Dreitagesfiktion: Wann beginnt die Einspruchsfrist bei späterer Zustellung des Bescheids?
Wenn das Finanzamt Ihnen einen Bescheid zuschickt und Sie dagegen Einspruch einlegen wollen, müssen Sie die Einspruchsfrist beachten. Diese beträgt normalerweise vier Wochen. Nach Ablauf dieser Frist ist der Einspruch unzulässig. Da das Finanzamt aber nicht von jedem Bescheid weiß, wann er denn genau beim jeweiligen Steuerpflichtigen ankommt, gibt es die sogenannte Dreitagesfiktion. Danach geht man davon aus, dass der Brief am dritten Tag nach Aufgabe zur Post angekommen sein muss. Aber was ist, wenn in dieser Zeit keine Zustellung stattfand? Verlängert sich dann die Zeit? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) hatte darüber zu urteilen.
Im zugrundeliegenden Fall erließ das Finanzamt aufgrund der von der Klägerin eingereichten Einkommensteuererklärung am 15.06.2018 einen Einkommensteuerbescheid für 2017. Die Klägerin war vom 02.05.2018 bis zum 19.06.2018 nachweislich nicht zu Hause und fand den Bescheid folglich auch erst am 19.06.2018 in ihrem Briefkasten. Noch am gleichen Tag übersandte sie ihn per Fax an eine Steuerberatungsgesellschaft. Diese legte am 19.07.2018 Einspruch gegen den Bescheid ein und gab an, dass dieser erst am 19.06.2018 eingegangen sei. Nach Ansicht des Finanzamts war die Einspruchsfrist jedoch bereits am 18.07.2018 abgelaufen und der Einspruch daher unzulässig.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolgreich. Der Bescheid sei zwar am 15.06.2018 zur Post aufgegeben worden, die Zugangsvermutung finde aber in diesem Fall deshalb keine Anwendung, weil an der Wohnung der Klägerin innerhalb der Dreitagesfrist nach dem 15.06.2018 regelmäßig nicht an allen Werktagen vom Postdienstleistungsunternehmen C-AG Post zugestellt worden sei. Zwar finde die Zugangsvermutung auch dann Anwendung, wenn zum Beispiel wegen mehrerer arbeitsfreier Tage oder Personalausfall innerhalb der Dreitagesfrist an zwei Tagen keine Zustellung stattgefunden habe. Insoweit handele es sich jedoch um Sonderkonstellationen, die die grundsätzliche Anwendung der Zugangsvermutung nicht in Frage stellen könnten. Im Streitfall sei es jedoch anders, da planmäßig an zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine Zustellung erfolgt sei und diese zwei Tage in den Dreitageszeitraum gefallen seien.
Die Revision wurde zugelassen, da es das FG für höchstrichterlich klärungsbedürftig hält, ob die Zugangsvermutung entfällt, wenn innerhalb der dort genannten Dreitagesfrist an einem Werktag regelmäßig keine Postzustellung stattfindet.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Sonderausgaben: Kann Schulgeld für eine Schule im Ausland berücksichtigt werden?
Für den Besuch einer öffentlichen Schule müssen in Deutschland keine Schulgebühren gezahlt werden. Jedoch gibt es auch alternative Schulformen, für die dann Schulgeld anfallen kann. Bis zu 30 % dieses Schulgeldes können in der Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben abgezogen werden, maximal jedoch 5.000 EUR pro Jahr und Kind. Dies gilt nicht nur für in Deutschland, sondern auch für eine Schule im Ausland gezahltes Schulgeld. Hier sind allerdings weitere Voraussetzungen zu beachten. Im Streitfall musste das Finanzgericht Köln (FG) darüber entscheiden, ob diese Voraussetzungen vorlagen.
Im zugrundeliegenden Fall lebten der Kläger und seine Frau A bis einschließlich 2017 in Malaysia und kehrten Mitte 2017 nach Deutschland zurück. Der Kläger erzielte in 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die in 2008 geborene Tochter B des Klägers lebt mit ihrer Mutter C in Laos. Sie besucht dort seit 2012 die D-Schule: eine internationale Schule, die vom Erziehungsministerium der Demokratischen Volksrepublik Laos lizenziert ist, nach britischem Cambridge-Schulsystem lehrt und insofern dem National Curriculum of England und dem International Primary Curriculum folgt. Das hierfür angefallene Schulgeld machte der Kläger in Höhe von 3.668 EUR als Sonderausgabe in seiner Steuererklärung geltend. Das Finanzamt verwehrte ihm jedoch den Abzug.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war unbegründet. Schulgeld könne teilweise als Sonderausgabe berücksichtigt werden, wenn - unter anderem - der Steuerpflichtige für das Kind einen Kinderfreibetrag erhalte und die Schule sich in einem EU-/EWR-Staat befinde. Im Sachverhalt liege die Schule jedoch in einem Drittland. Somit seien die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt. Auf den erreichbaren Schulabschluss komme es dabei nicht an. Des Weiteren handle es sich bei der D-Schule um keine sogenannte "Deutsche Schule", denn sie habe keinen Bezug zum deutschen Schul- und Bildungssystem und biete auch keinen deutschsprachigen Unterricht an. Eine Rechtsfortbildung über den Wortlaut hinaus komme nicht in Betracht, da der Gesetzgeber die Schulen in Drittländern bewusst ausgeschlossen habe. Auch ein Abzug als außergewöhnliche Belastung komme nicht in Betracht, da Ausbildungsunterhalt kein atypischer, außergewöhnlicher Unterhaltsaufwand sei.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Krankheitsbedingte Lernschwäche: Nachhilfe-Unterricht ist als außergewöhnliche Belastung abziehbar
Wenn dem eigenen Kind das Lernen schwerfällt und es im Schulstoff nicht mehr mitkommt, buchen Eltern häufig Nachhilfe-Unterricht. Die Kosten hierfür können das Familienbudget ganz schön belasten. Eltern sollten daher wissen, dass sie die Kosten für Nachhilfe-Unterricht unter Umständen als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) in ihrer Einkommensteuererklärung abrechnen können. Hierfür muss die Lernschwäche des Kindes aber tatsächlich krankheitsbedingt sein und beispielsweise auf einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (sogenannte Legasthenie), dem erschwerten Erlenen des Rechnens (Dyskalkulie), dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) oder der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) beruhen. Wichtig ist, dass die Eltern dem Finanzamt eine krankheitsbedingte Lernschwäche nachweisen können. Hierfür benötigen sie ein vorab eingeholtes Gutachten eines Amtsarztes oder eine vorab ausgestellte Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung.
Hinweis: "Vorab" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Nachweis vor dem Beginn des Nachhilfe-Unterrichts ausgestellt worden sein muss. Kümmern sich die Eltern erst im Nachhinein um eine solche Bescheinigung, lässt sich der bereits erteilte Unterricht nicht mehr absetzen.
Sofern eine attestierte Lernschwäche besteht, lassen sich neben den Nachhilfekosten insbesondere folgende Aufwendungen absetzen, weswegen die entsprechenden Belege gesammelt werden sollten:
- Kosten für Arzt und Medikamente
- Kosten für eine Privatschule, wenn diese aufgrund der Lernschwierigkeit aus medizinischer Sicht besucht werden muss
- Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung oder die notwendige auswärtige Unterbringung des Kindes in einer Spezialeinrichtung
- Kosten der Begleitung des Kindes zu den entsprechenden Therapiemaßnahmen (inklusive Fahrtkosten)
Hinweis: Die geltend gemachten Kosten wirken sich bei den Eltern nur steuermindernd aus, soweit sie die sogenannte zumutbare Belastung übersteigen. Dieser Eigenanteil richtet sich nach dem Familienstand, der Anzahl der Kinder und der Höhe der Einkünfte. Familien mit zwei Kindern und einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 50.000 EUR müssen beispielsweise einen Betrag von 3 % ihrer Einkünfte pro Jahr (hier 1.500 EUR) selbst tragen.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Schneller Überblick: Die neuen Regelungen zum Bürgergeld ab 2023
Seit dem 01.01.2023 gilt in Deutschland das neue Bürgergeld, welches die früheren Leistungen nach Hartz IV (Arbeitslosengeld II) ersetzt. Arbeitslose Menschen erhalten seitdem grundsätzlich mehr Grundsicherungsleistungen pro Monat sowie mehr Zuschüsse vom Staat. Ein alleinstehender Erwachsener, der bislang Anspruch auf Grundsicherung hatte, erhält 53 EUR mehr im Monat, also regulär 502 EUR. Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren bekommen 37 EUR zusätzlich.
Wer Bürgergeld bezieht, fällt außerdem unter eine einjährige Karenzzeit: Ein Vermögen bis 40.000 EUR ist damit zwölf Monate lang geschützt. Für jede weitere Person, die im Haushalt lebt (sogenannte Bedarfsgemeinschaft), steigt die Grenze um weitere 15.000 EUR. Im ersten Jahr des Bürgergeldbezugs werden zudem die Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe anerkannt. Für Heizkosten gilt keine Karenzzeit, sie werden vom Jobcenter "in angemessener Höhe" übernommen. Außerdem gibt der Staat auch in anderen Bereichen Zuschüsse, etwa zur Kranken- und Pflegeversicherung, zur Bildung bzw. Weiterbildung sowie für die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen.
Die Arbeitsagenturen und Jobcenter setzen nun auf langfristige Beschäftigungsmöglichkeiten statt auf die schnelle Vermittlung auch in Aushilfsjobs. Die dauerhafte Integration in Arbeit und die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen durch Qualifizierung und Berufsausbildung stehen stärker im Fokus. Empfänger des Bürgergelds müssen künftig nicht mehr jeden Job annehmen, wenn stattdessen eine Ausbildung oder eine Weiterbildung die Chancen erhöht, später eine bessere Stelle zu finden.
Wer Bürgergeld bezieht und gegen Auflagen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters verstößt, muss allerdings mit Leistungsminderungen rechnen. Bei der ersten Pflichtverletzung wird das Bürgergeld für einen Monat um 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs gemindert, bei der zweiten für zwei Monate um 20 % und ab der dritten für drei Monate um 30 %. Die Zahlungen für die Unterkunftskosten sind von diesen Minderungen nicht betroffen.
Wer Bürgergeld bekommt, zahlt darauf keine Steuern, da es sich um eine sogenannte Grundsicherungsleistung handelt. Es erhöht auch nicht den Steuersatz der übrigen Einkünfte (sog. Progressionsvorbehalt), wie dies etwa beim Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld oder Mutterschaftsgeld der Fall ist.
Hinweis: Hat ein Arbeitnehmer lediglich für ein paar Monate Bürgergeld bezogen und war ansonsten in einer Anstellung, dann hat er in der Regel auch Einkommensteuer gezahlt. Diese kann er sich teilweise vom Finanzamt zurückholen, indem er eine Einkommensteuererklärung abgibt und darin alle absetzbaren Kosten aufführt. Empfänger von Bürgergeld sollten aber wissen, dass erhaltene Steuererstattungen auf ihr Bürgergeld angerechnet werden, sofern beide Zahlungen im gleichen Monat zufließen.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Häusliches Arbeitszimmer und Homeoffice: Welche Abzugsregelungen ab 2023 gelten
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 hat der Gesetzgeber neue Regelungen für den Abzug von Arbeitszimmeraufwendungen und der Homeoffice-Pauschale geschaffen und damit auf die Veränderungen in der Arbeitswelt reagiert, die sich im Zuge der Corona-Pandemie vollzogen haben. Bis zur Steuererklärung 2023 dauert es zwar noch ein bisschen, doch es schadet nicht, sich die Neuregelungen schon am Anfang des Steuerjahres zu Gemüte zu führen.
Ab 2023 gilt erstmals ein Wahlrecht für Erwerbstätige, die im Arbeitszimmer den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit haben. Sie dürfen ihre Raumkosten entweder - wie bisher - in Höhe der tatsächlich angefallenen Aufwendungen und in unbeschränkter Höhe als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abrechnen oder alternativ eine Jahrespauschale von 1.260 EUR absetzen. Wählen sie die Pauschale, müssen sie dem Finanzamt die tatsächlich angefallenen Raumkosten nicht nachweisen.
Hinweis: Die Pauschale muss allerdings monatsweise gekürzt werden, wenn das häusliche Arbeitszimmer nicht das ganze Jahr über der Tätigkeitsmittelpunkt war. Für diese Kürzungsmonate lässt sich dann aber wiederum die Homeoffice-Pauschale abziehen, sofern weiterhin - zumindest überwiegend - von zu Hause aus gearbeitet und keine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wurde.
Bis einschließlich 2022 konnten Erwerbstätige ihre Raumkosten bei fehlendem Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer zumindest beschränkt mit 1.250 EUR pro Jahr als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehen, sofern ihnen kein Alternativarbeitsplatz (im Betrieb ihres Arbeitgebers) zur Verfügung stand. Diese Fallvariante wurde ab 2023 abgeschafft. Erwerbstätige ohne Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer können ihre Raumkosten nun nur noch im Wege der Homeoffice-Pauschale abziehen. Diese wurde ab 2023 auf 6 EUR pro Arbeitstag, maximal 1.260 EUR pro Jahr, erhöht. Es können also bis zu 210 Arbeitstage in der Steuererklärung abgerechnet werden. Bis einschließlich 2022 galt noch ein Tagessatz von 5 EUR und ein Höchstbetrag von 600 EUR pro Jahr, so dass maximal nur 120 Arbeitstage anerkannt werden konnten.
Hinweis: Für den Abzug der Homeoffice-Pauschale muss kein abgeschlossenes häusliches Arbeitszimmer vorliegen. Es genügt also auch, wenn die Tätigkeit in einer Arbeitsecke, einem Durchgangszimmer oder am Esstisch ausgeübt wird. Die Pauschale von 6 EUR darf nur für Tage abgezogen werden, an denen der Erwerbstätige keine erste Tätigkeitsstätte außerhalb seiner Wohnung anfährt. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn ihm im Betrieb dauerhaft kein eigener Alternativarbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall können also die Entfernungspauschale und die Homeoffice-Pauschale zugleich für einen Tag abgezogen werden. Dies gilt beispielsweise für Lehrer, die vor oder nach dem Unterricht von zu Hause aus arbeiten.
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(aus: Ausgabe 04/2023)
Bund der Steuerzahler: Schuldenuhr tickt mit 3.744 EUR pro Sekunde dieses Jahr langsamer
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat seine Schuldenuhr im Januar 2023 auf einen Schuldenanstieg von 3.744 EUR pro Sekunde umgestellt. Zum Jahresende 2022 tickte die Uhr noch mit 11.240 EUR pro Sekunde, da im Jahr 2022 bereits die 200 Mrd. EUR Schulden erfasst worden waren, die der Bund für die Energiepreisbremsen 2023 und 2024 einplant und über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds finanziert.
Hinweis: Die gesamtstaatliche Schuldenuhr bildet ab, dass sich die Staatsverschuldung in Deutschland dieses Jahr um schätzungsweise 118 Mrd. EUR erhöhen wird, und zwar 107 Mrd. EUR auf Bundesebene, 9 Mrd. EUR bei den Ländern und 2 Mrd. EUR auf Kommunalebene.
Der BdSt kritisiert, dass sowohl der Bund als auch die Länder das tatsächliche Ausmaß ihrer Verschuldung verschleierten, indem sie beispielsweise schuldenfinanzierte Fonds zur Transformation der Wirtschaft, zur Entschuldung von Kommunen oder zur Bewältigung der Klima- und Energiekrise gründeten. Mit knapp 5 Mrd. EUR ist das Land Nordrhein-Westfalen Spitzenreiter bei der Nettoneuverschuldung, wobei NRW für dieses Jahr eine außergewöhnliche Notsituation erklärt hat, ebenso wie Brandenburg, Bremen und das Saarland. Hessen, Niedersachen und Sachsen planen die "schwarze Null". In Rheinland-Pfalz, Bayern und Thüringen wurden sogar Nettotilgungen in den Haushaltsgesetzen verankert.
Hinweis: Der BdSt drängt auf eine konsequente Konsolidierung von Bundes- und Landeshaushalten und verweist darauf, dass die Zinswende die Handlungsspielräume bereits einengt. Mit Zinsausgaben von voraussichtlich knapp 56 Mrd. EUR im Jahr 2023 werden sich die Kreditfinanzierungskosten für den Bund und für die 16 Länder gegenüber 2021 (zusammen damals weniger als 13 Mrd. EUR) mehr als vervierfachen.
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(aus: Ausgabe 04/2023)