Was Sie schon immer über Steuern und Co wissen wollten und sollten
Im Leben spielen steuerliche Aspekte eine bedeutende Rolle.
Sie fragen sich, was der Fiskus einfordert und ob es Ausnahmen gibt? Sie möchten wissen, ob und wie Ihre Rente besteuert wird, wann Sie Anspruch auf Kindergeld haben oder was es mit der Bedürftigkeit auf sich hat?
Hier finden Sie allgemeine Informationen rund ums Steuerrecht. Ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, private oder juristische Personen: Wir helfen Ihnen weiter.
Gestiegene Energiepreise: Zwei Entlastungspakete sollen den Kostendruck abfedern
Um die finanziellen Auswirkungen der rasant gestiegenen Energiekosten für die Bevölkerung abzumildern, hat die Bundesregierung zwei Entlastungspakete geschnürt. Mit dem ersten Entlastungspaket verständigte sich der Koalitionsausschuss im Februar 2022 auf eine Reihe umfangreicher Schritte. Dazu zählen insbesondere folgende Maßnahmen:
- Die EEG-Umlage bei den Stromkosten entfiel zum 01.07.2022. Verbraucher werden damit um insgesamt 6,6 Mrd. EUR entlastet.
- Wohngeldbezieher erhalten einen einmaligen Heizkostenzuschuss von 270 EUR (bei einem Haushalt mit zwei Personen 350 EUR, für jedes weitere Familienmitglied zusätzlich 70 EUR). Azubis und Studierende im Bafög-Bezug erhalten 230 EUR.
- Rückwirkend zum 01.01.2022 steigt der Arbeitnehmerpauschbetrag um 200 EUR auf 1.200 EUR, der Grundfreibetrag um 363 EUR auf 10.347 EUR und die Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) sowie die Mobilitätsprämie auf 0,38 EUR pro Kilometer.
Auf das zweite Entlastungspaket verständigte sich der Koalitionsausschuss im März 2022. Hierin sind folgende Maßnahmen enthalten:
- Die Energiesteuer auf Kraftstoffe wurde für drei Monate gesenkt. Für Benzin reduzierte sich der Energiesteuersatz um 0,2955 EUR/Liter, für Dieselkraftstoff um 0,1404 EUR/Liter.
- Alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen erhalten eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 EUR.
- Für Familien wird ein einmaliger Kinderbonus von 100 EUR pro Kind gezahlt.
- Empfänger von Sozialleistungen erhalten eine Einmalzahlung in Höhe von 200 EUR.
- Empfänger von Arbeitslosengeld 1 erhalten eine Einmalzahlung in Höhe von 100 EUR.
- Es wurde für Juni bis August 2022 ein 9-EUR-Ticket für den ÖPNV eingeführt.
Weitere steuerliche Entlastungen wurden mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz umgesetzt, darunter eine erweiterte Verlustverrechnung, eine Verlängerung der degressiven Abschreibung um ein Jahr, eine Verlängerung der Homeoffice-Pauschale, steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld, eine Steuerfreiheit zum Corona-Pflegebonus bis zu 4.500 EUR und eine Verlängerung der Abgabefrist für Steuererklärungen der Jahre 2020, 2021 und 2022.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Steuerklassenwahl 2022: Tipps für Eheleute und Lebenspartner
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem neuen Merkblatt dargestellt, welche Besonderheiten bei der Wahl der Lohnsteuerklassen für das Jahr 2022 gelten. Diese nützlichen Aussagen richten sich an Ehegatten und Lebenspartner, die beide Arbeitslohn beziehen. Danach gilt:
Die Steuerklassenkombination III/V führt zu einem "optimalen" Lohnsteuereinbehalt, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte bzw. Lebenspartner ca. 60 % und der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 % des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt. Bei dieser Steuerklassenkombination ist die Abgabe einer Einkommensteuererklärung allerdings generell verpflichtend.
Ehegatten bzw. Lebenspartner können auch das Faktorverfahren beantragen, bei dem das Finanzamt die Steuerklasse IV in Verbindung mit einem steuermindernden Multiplikator (dem Faktor) einträgt.
Hinweis: Die Eintragung eines Faktors bewirkt, dass die Lohnsteuerlast im Wesentlichen nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne auf die Partner verteilt wird. Dieses Verfahren ist für Ehepaare mit einem großen Gehaltsunterschied interessant. Die erdrückende Lohnsteuerlast in Steuerklasse V wird für den geringer verdienenden Partner vermieden, so dass er einen höheren Nettolohn erhält.
Ehegatten und Lebenspartner sollten beachten, dass sich ein Steuerklassenwechsel auch auf die Höhe von Entgelt- bzw. Lohnersatzleistungen auswirken kann (z.B. Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Elterngeld). Daher empfiehlt das BMF, sich vor einem Wechsel der Steuerklasse beim zuständigen Sozialleistungsträger bzw. Arbeitgeber über die Folgen zu informieren.
Wer seine Steuerklasse wechseln bzw. das Faktorverfahren beanspruchen will, muss sich hierfür an sein aktuelles Wohnsitzfinanzamt wenden.
Hinweis: Das Merkblatt des BMF enthält Tabellen mit gestaffelten Arbeitslöhnen, aus denen Ehegatten und Lebenspartner die für sie günstigste Steuerklassenkombination ablesen können.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Wenn die Behörde schweigt: Auch Erklärungsabgabe bei nichtzuständigem Finanzamt kann maßgeblich sein
Steuerbürger, die nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, sogenannte Antragsveranlager, müssen sich zwar nicht an die alljährlichen Abgabefristen für Steuererklärungen halten, sollten aber unbedingt die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist beachten: Nur wenn sie ihre Erklärung innerhalb von vier Jahren nach dem Ende des jeweiligen Erklärungsjahres abgeben, führt das Finanzamt noch eine Veranlagung durch. Danach tritt die sogenannte Festsetzungsverjährung ein, so dass ein Steuerbescheid nicht mehr erstmalig erlassen oder geändert werden darf.
Hinweis: Für das Jahr 2021 akzeptieren die Finanzämter freiwillige Erklärungen noch bis zum 31.12.2025.
Ist ein Steuerbürger zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, z.B. weil er neben seinem Arbeitslohn noch positive Nebeneinkünfte über 410 EUR erzielt hat, verzögert sich der Beginn der Festsetzungsfrist durch eine sogenannte Anlaufhemmung. Die Frist beginnt in diesem Fall erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, bei Nichtabgabe jedoch spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Steuerentstehungsjahr folgt. Im Endeffekt kann so eine bis zu siebenjährige Abgabefrist gelten.
Eine Erklärungsabgabe führt in der Regel aber nur dann zum Ende der Anlaufhemmung bzw. zum Beginn der Festsetzungsfrist, wenn sie beim örtlich zuständigen Finanzamt erfolgt ist. Diese Regelung soll verhindern, dass die Festsetzungsfrist bereits beginnt, bevor die zuständige Finanzbehörde überhaupt etwas vom Entstehen und der Höhe des Steueranspruchs erfahren hat. Wird eine Steuererklärung in den Briefkasten eines nichtzuständigen Finanzamts geworfen, beginnt die Festsetzungsfrist erst, wenn die zuständige Behörde die Erklärung erhält.
Nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs kann in Ausnahmefällen jedoch auch die Erklärungsabgabe bei einem nichtzuständigen Finanzamt für ein Ende der Anlaufhemmung (d.h. Beginn der Festsetzungsfrist) sorgen. Im zugrundeliegenden Fall hatte das nichtzuständige Finanzamt die erhaltene Erklärung einfach zu den Akten genommen, ohne sie an das bekanntermaßen zuständige Finanzamt weiterzuleiten und ohne den Steuerzahler darüber zu informieren, dass keine entsprechende Weiterleitung erfolgte.
Die Bundesrichter sahen in diesem Vorgehen eine gravierende Verletzung der Fürsorgepflicht, so dass der Steuerzahler so zu behandeln war, als wäre die Erklärung zeitnah an das zuständige Finanzamt weitergeleitet worden. Somit war durch die Erklärungsabgabe die Festsetzungsfrist in Gang gesetzt worden, was letztlich dazu führte, dass das Finanzamt eine spätere Änderungsveranlagung wegen eingetretener Festsetzungsverjährung zurücknehmen musste.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Anspruch auf rechtliches Gehör: Späte Akteneinsicht muss keine Prozessverschleppung darstellen
In einem finanzgerichtlichen Prozess haben die Beteiligten nach der Finanzgerichtsordnung das Recht, die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einzusehen. Sofern die Akten noch in Papierform geführt werden, wird die Akteneinsicht in den Diensträumen (z.B. des Gerichts) gewährt. Beantragt eine Prozesspartei im Laufe eines Verfahrens mehrmals Akteneinsicht, kann darin eine Strategie der Prozessverschleppung gesehen werden, so dass das Gericht entsprechende Anträge ablehnen kann.
Ein solcher Fall hat nun den Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt: Ein selbständiger Trockenbauer war gegen Gewinnhinzuschätzungen seines Finanzamts vor das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gezogen und hatte sich hierfür eine Prozessbevollmächtigte an seine Seite geholt. Das FG gab einem ersten Antrag auf Akteneinsicht statt, die Prozessbevollmächtigte legte aber während des einmonatigen Einsichtszeitraums ihr Mandat nieder, so dass tatsächlich keine Akteneinsicht erfolgte. Knapp ein Jahr später, kurz vor der mündlichen Verhandlung, zeigte die Prozessbevollmächtigte dem Gericht ihre Wiederbestellung an und beantragte erneut Akteneinsicht. Das FG lehnte diesen Antrag ab, da es darin eine Prozessverschleppung sah. Hierfür sprach nach Ansicht der Finanzrichter, dass die erste Akteneinsicht ungenutzt verfallen war. In der Folge wies das FG die Klage ab.
Der BFH entschied nun jedoch, dass dem Kläger die zweite Akteneinsicht zu Unrecht verwehrt worden sei. Das FG habe damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Ein Fall der Prozessverschleppung habe nach Auffassung des BFH (noch) nicht vorgelegen, da aus dem Geschehensablauf aufgrund der zwischenzeitlichen Mandatsniederlegung nicht abgeleitet werden könne, dass die Akteneinsicht kurz vor der mündlichen Verhandlung missbräuchlich beantragt worden sei.
Hinweis: Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung zurück. Das FG muss nun die Akteneinsicht gewähren, so dass die Klägerseite einen erneuten Anlauf unternehmen kann, um ihrer Klage zum Erfolg zu verhelfen.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Außergewöhnliche Belastungen: Neue Aussagen zu Unterhaltsaufwendungen
Unterhaltszahlungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen können mit bis zu 9.984 EUR pro Jahr (zuzüglich bestimmter Versicherungsbeträge) als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Welche Regeln die Finanzämter beim Ansatz von Unterhaltsleistungen anwenden, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun in einem aktualisierten Anwendungsschreiben dargelegt. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:
- Haushaltszugehörigkeit: Gehört die unterhaltsberechtigte Person zum Haushalt des Steuerzahlers, können die Finanzämter regelmäßig davon ausgehen, dass diesem Unterhaltsaufwendungen in Höhe des Höchstbetrags entstanden sind. Eine Haushaltszugehörigkeit wird in der Regel nicht durch eine auswärtige Ausbildung oder durch ein auswärtiges Studium aufgehoben (z.B. durch die Unterbringung eines studierenden Kindes am Studienort).
- Bedürftigkeit: Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen setzt neben einer bestehenden Unterhaltsberechtigung voraus, dass der Unterhaltsempfänger bedürftig ist. Das heißt, er darf kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen und kein ausreichendes Einkommen haben. Als geringfügig kann in der Regel ein Vermögen bis zu einem "gemeinen Wert" (Verkehrswert) von 15.500 EUR angesehen werden.
- Nettoeinkommen: Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können Unterhaltsaufwendungen im Allgemeinen nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verbleiben (sog. Opfergrenze). Ein in Anspruch genommener Investitionsabzugsbetrag darf diese Opfergrenze nicht beeinflussen, ein solcher Betrag muss dem Nettoeinkommen wieder hinzugerechnet werden. Die Berechnung des verfügbaren Nettoeinkommens ist bei Unterhaltszahlern mit Gewinneinkünften (z.B. aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit) regelmäßig auf der Grundlage eines Dreijahreszeitraums vorzunehmen. Steuerzahlungen müssen dabei in dem Jahr abgezogen werden, in dem sie entrichtet worden sind. Führen derartige Zahlungen für mehrere Jahre aber zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens des Veranlagungszeitraums, so sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom "Durchschnittseinkommen" des Veranlagungszeitraums abzuziehen.
- Kürzung der Opfergrenze: Im Regelfall sind Unterhaltsaufwendungen nur im Rahmen eines bestimmten Prozentsatzes des verfügbaren Nettoeinkommens abziehbar (Ausnahme: bei sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaften). Die Opfergrenze liegt bei 1 % je volle 500 EUR des verfügbaren Nettoeinkommens des Unterhaltszahlers (höchstens 50 %), abzüglich 5 % für den Ehegatten und für jedes Kind, für das der Unterhaltszahler einen Kindergeldanspruch hat (höchstens 25 %). Das BMF erklärt, dass die kinderbezogene 5-%-Pauschale monatsbezogen zu kürzen ist, wenn nur für ein Teil des Jahres ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibeträge bestanden hat.
- Eigene Einkünfte und Bezüge: Hat der Unterhaltsempfänger eigene Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, muss der abzugsfähige Höchstbetrag um die eigenen Einkünfte und Bezüge gekürzt werden, soweit diese den Betrag von insgesamt 624 EUR jährlich übersteigen.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Ausbildungsplatzsuche: Kindergeldanspruch kann bei vorübergehender Erkrankung des Kindes fortbestehen
Volljährige Kinder werden kindergeldrechtlich unter anderem dann noch bis zu ihrem 25. Geburtstag berücksichtigt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. Das rein formale Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses reicht allerdings hierfür nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht, es müssen vielmehr ernsthafte und nachhaltige Ausbildungsmaßnahmen erkennbar sein.
Volljährige Kinder können zudem kindergeldrechtlich bis zu ihrem 25. Geburtstag berücksichtigt werden, wenn sie eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen können. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darf der Beginn der Ausbildung nicht an anderen Umständen als dem Mangel eines Ausbildungsplatzes scheitern. Keine Anerkennung kommt daher in Betracht, wenn der Ausbildungsbeginn daran scheitert, dass das Kind die Voraussetzungen für die angestrebte Berufsausbildung gar nicht erfüllt oder es aufgrund ausländerrechtlicher Gründe keine Berufsausbildung aufnehmen kann.
Ist ein Kind krankheitsbedingt nicht in der Lage, sich ernsthaft um eine Ausbildungsstelle zu bemühen bzw. sie zum nächstmöglichen Zeitpunkt anzutreten, kann es nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aber gleichwohl kindergeldrechtlich wegen Ausbildungsplatzmangels berücksichtigt werden, wenn es sich um eine vorübergehende Erkrankung handelt. Von einer solchen ist auszugehen, wenn sie im Hinblick auf die ihrer Art nach zu erwartende Dauer mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht länger als sechs Monate dauert. Darüber hinaus setzt die kindergeldrechtliche Berücksichtigung voraus, dass das erkrankte Kind weiterhin ausbildungswillig ist. Zum Nachweis der fortbestehenden Ausbildungswilligkeit des Kindes können nach dem BFH-Urteil insbesondere folgende Nachweise anerkannt werden:
- Schriftliche Erklärung, sich unmittelbar nach Wegfall der gesundheitlichen Hinderungsgründe um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder fortzusetzen.
- Nachweis darüber, dass das Kind während seiner Krankheit mit der früheren Ausbildungseinrichtung in Kontakt getreten ist und sich konkret über die Wiederaufnahme der Ausbildung nach dem Krankheitsende informiert hat.
- Nachweis darüber, dass sich das Kind an eine neue Ausbildungseinrichtung oder die Ausbildungsvermittlung der Agentur für Arbeit mit dem Ziel gewandt hat, eine Ausbildung nach Erkrankungsende aufzunehmen.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Steuerabzug oder auch nicht: Strafverteidigung als Werbungskosten
Falls Sie einmal einem strafrechtlichen Vorwurf ausgesetzt sein sollten, können Sie die Kosten für Ihre Strafverteidigung nur in Ausnahmefällen steuerlich abziehen. Ein Werbungskostenabzug für Strafverteidigungskosten ist nur möglich, wenn der strafrechtliche Vorwurf eindeutig durch ein berufliches Verhalten veranlasst ist. Die zur Last gelegte Tat muss bei der Berufsausübung begangen worden sein. Es genügt nicht, dass die Erwerbstätigkeit bloß die Gelegenheit zu einer Straftat verschafft hat, vielmehr muss die schuldhafte Handlung noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung gelegen haben. Kein Werbungskostenabzug ist ferner möglich, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst (vorsätzlich) schädigen wollte, denn in diesem Fall ist sein Verhalten von privaten Gründen getragen.
Ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt beispielhaft, wann ein Werbungskostenabzug konkret möglich ist. Vorliegend hatte ein angestellter Geschäftsführer Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge gekürzt. Das Finanzgericht Münster (FG) hatte die Strafverteidigungskosten als Werbungskosten anerkannt und erklärt, dass die Taten in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden seien. Zwar war vom Geschäftsführer auch Bargeld für private Zwecke abgezweigt worden, dieser Vorgang stehe nach Auffassung der Finanzrichter aber mit der Lohnsteuerhinterziehung nicht in einem derart engen Zusammenhang, dass die berufliche Veranlassung durch den (privaten) Zweck der Eigenbereicherung überlagert worden wäre. Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts gegen das finanzgerichtliche Urteil nun als unbegründet zurück, die Bundesrichter bestätigten also die Würdigung des FG.
Hinweis: Strafverteidigungskosten können zwar theoretisch auch als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein - dies ist im Falle einer Verurteilung aber stets ausgeschlossen. Bei einem Freispruch ist ein solcher Ansatz nur möglich, wenn sich der Bürger den Kosten aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die Aufwendungen notwendig und angemessen sind. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Kosten bei einem Freispruch regelmäßig der Staatskasse zur Last fallen, so dass ein steuerlicher Abzug mangels eigener Belastung nicht möglich ist. Hat der Bürger mit seinem Rechtsanwalt ein höheres Honorar vereinbart, als vom Staat erstattet wird, so kommt ein steuerlicher Abzug der Mehrkosten als außergewöhnliche Belastungen mangels Zwangsläufigkeit der Kosten nicht in Betracht.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Gut für Alleinerziehende: Anhebung des Entlastungsbetrags bleibt bestehen
Auf Alleinerziehenden lastet ein besonders starker Druck - und zudem sehr viel Verantwortung. Der Fiskus gewährt ihnen einen einkommensteuermindernden Entlastungsbetrag, wenn zum Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das dem Alleinerziehenden Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag gewährt wird.
Hinweis: Weitere Voraussetzung für den Entlastungsbetrag ist, dass in der Hausgemeinschaft keine andere volljährige Person wohnt (ausgenommen volljährige Kinder) und der Alleinerziehende unverheiratet oder seit dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum dauernd getrennt lebend oder verwitwet ist.
Für die Steuerjahre 2020 und 2021 hatte der Steuergesetzgeber den Grundbetrag des Entlastungsbetrags von 1.908 EUR auf 4.008 EUR angehoben (Erhöhung um 2.100 EUR). Die zuvor schon geltenden Zusatzbeträge von jeweils 240 EUR für das zweite und jedes weitere Kind waren gleichgeblieben und wurden - wie bisher - nur auf Antrag der alleinerziehenden Person gewährt.
Zur dauerhaften finanziellen Entlastung von Alleinerziehenden hat die Bundesregierung den erhöhten Entlastungsbetrag nun entfristet, so dass er ab 2022 in unveränderter Höhe beansprucht werden kann.
Hinweis: Bei Arbeitnehmern wirkt sich der Entlastungsbetrag direkt über die Lohnsteuerklasse II aus. Um die Zusatzbeträge ab dem zweiten Kind zu erhalten, muss der Alleinerziehende einen Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung (mit Anlage Kind) beim Finanzamt einreichen. Mit diesem Antrag kann er auch den Wechsel in Steuerklasse II beantragen. Der Entlastungsbetrag wird von den Finanzämtern zudem im Einkommensteuerbescheid bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen, so dass auch andere Erwerbstätige - beispielsweise Selbständige und Gewerbetreibende - profitieren.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Schenkungsteuer: Wann fällt die Schenkungsteuer bei Übertragung einer Leibrente an?
Für jede Schenkung kann Schenkungsteuer anfallen. Dies hängt sowohl vom Wert der Schenkung als auch von der Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem ab. Wird aber zum Beispiel eine Versicherung übertragen, hängt der Wert der Schenkung auch davon ab, inwieweit man über diese Schenkung verfügen kann. Aber wie wird es beurteilt, wenn man sich gegenüber dem Schenker dazu verpflichtet, auf das Recht einer Auszahlung freiwillig zu verzichten? Erkennt das Finanzamt dies auch an und die Besteuerung erfolgt erst später? Das Finanzgericht Münster (FG) musste über einen solchen Fall entscheiden.
Die Klägerin, geboren 1926, schloss 2018 eine Leibrentenversicherung mit sofort beginnender monatlicher Rentenzahlung und Beitragsrückerstattung bei Tod ab. Der vereinbarte Einmalbetrag wurde von ihr an die Versicherung gezahlt. Versicherte Person war der Cousin der Klägerin (geboren 1947). Als Bezugsberechtigte für die Todesfallleistung wurde die Ehefrau des Cousins zum Zeitpunkt des Todes bestimmt. Nach den Versicherungsbedingungen war eine einmalige Kapitalentnahme nur mit Zustimmung der Versicherung möglich. Im Juli 2019 schloss die Klägerin mit ihrem Cousin einen Schenkungsvertrag, in dem sie ihm ihre Versicherungsnehmerstellung unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs übertrug. Der Beschenkte verzichtete darin auf ein bestehendes Recht auf Kapitalentnahme von 50 % des Deckungskapitals in den ersten 15 Jahren. Das Finanzamt unterwarf die Schenkung allerdings mit dem gesamten Einmalbetrag der Steuer.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war teilweise erfolgreich. Die Schenkungsteuer sei in dem Zeitpunkt entstanden, zu dem die Versicherungsnehmerstellung auf den Cousin übergegangen sei und die Versicherung zugestimmt habe (Übertragungsstichtag 01.08.2019). Zu diesem Zeitpunkt habe der Beschenkte das Recht gehabt, 50 % des Deckungskapitals zu entnehmen. Die Tatsache, dass der Beschenkte im Schenkungsvertrag auf die Entnahme verzichtet habe, stünde einer Besteuerung nicht entgegen. Der Auszahlungsanspruch sei zivilrechtlich auf den Beschenkten übergegangen. Das Finanzamt sei jedoch bei der Besteuerung am Übertragungsstichtag von der Möglichkeit der vollständigen Kapitalentnahme ausgegangen. Dazu hätte es aber der Zustimmung der Versicherung bedurft. Dies sei eine aufschiebende Bedingung. Allerdings unterlägen die kapitalisierten monatlichen Rentenzahlungen ebenfalls der Schenkungsteuer. Daran ändere auch das vereinbarte Nießbrauchsrecht nichts.
Hinweis: Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen und auch bereits eingelegt.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Erbschaftsteuer: Wann kann die Erbschaftsteuer gestundet werden?
Bei jeder Erbschaft fällt prinzipiell Erbschaftsteuer an. Deren Höhe hängt vom Wert des Erbes und der Beziehung zum Erblasser ab. So kann es dazu kommen, dass man etwas erbt, aber die Erbschaftsteuer dafür nicht zahlen kann, ohne einen Teil des Erbes zu veräußern. In einem solchen Fall kann eine Stundung der Erbschaftsteuer beantragt werden. Aber muss das Finanzamt einem solchen Antrag zustimmen? Das Finanzgericht München (FG) musste in einem Fall entscheiden, in dem das Finanzamt die Stundung versagt hatte.
Der Kläger wurde im März 2018 Miterbe einer Wohnung und eines Bankguthabens. Im September 2018 löste sich die Erbengemeinschaft auf, der Kläger übernahm die gesamte Wohnung und bezahlte seinen Miterben aus. Das Finanzamt setzte im August 2018 Erbschaftsteuer gegen den Kläger fest. Dagegen legte dieser Einspruch ein und beantragte zudem die zinslose Stundung der Steuer. Das Finanzamt lehnte die Stundung ab und wies den Einspruch gegen die Ablehnung als unbegründet zurück.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Die Erbschaftsteuer sei grundsätzlich auf Antrag zu stunden, soweit die Steuer nur durch Veräußerung des Vermögens aufgebracht werden könne. Im Zeitpunkt des Erbfalls hätte der Kläger die Erbschaftsteuer aus weiterem erworbenem Vermögen, nämlich dem geerbten Bankguthaben, begleichen können. Dadurch sei eine Stundung ausgeschlossen. Nach Ansicht des Gerichts ist der maßgebliche Zeitpunkt, um das zu beurteilen, der Zeitpunkt der Steuerentstehung. Im Nachlass des Klägers und damit im Zeitpunkt der Steuerentstehung habe sich unstreitig ein Guthaben befunden, mit dem er die auf die Wohnung anteilig anfallende Erbschaftsteuer ohne weiteres hätte begleichen können. Dass der Kläger das Geld nicht für die Begleichung der auf die Wohnung entfallenden Erbschaftsteuer, sondern für etwas anderes ausgegeben habe, sei kein Grund für eine Stundung.
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zum Thema: | Erbschaft-/Schenkungsteuer |
(aus: Ausgabe 08/2022)
Nachlassverbindlichkeit: Kann der Anspruch auf Zugewinnausgleich berücksichtigt werden?
Wenn man etwas erbt, bedeutet dies nicht automatisch, dass man Vermögen zugewendet bekommt. Vielmehr kann es sein, dass man auch Schulden erbt. Das Gesetz sieht vor, dass man diese Schulden unter bestimmten Voraussetzungen vom Wert des Erbes abziehen darf und dann nur auf den - hoffentlich positiven - Saldo Erbschaftsteuer zahlen muss. Aber welche Verbindlichkeiten darf man abziehen? Gehört auch ein Anspruch auf Zugewinnausgleich dazu? Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber ein Urteil sprechen.
Der Erblasser hatte mit seiner Ehefrau die Zugewinngemeinschaft im Jahr 2012 beendet und Gütertrennung vereinbart. Dafür sollte er an sie einen Zugewinnausgleich zahlen. Im gleichen Monat errichteten die Eheleute ein gemeinsames Testament, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Vorerben einsetzten. Zudem sollte ihre in einem Betreuungsheim lebende und unter rechtlicher Betreuung stehende Tochter, sollte am Nachlass des Erstversterbenden mit einer Quote von 60 % ihrer gesetzlichen Erbquote beteiligt werden. Die Ehefrau machte den Zugewinnausgleichsanspruch zu Lebzeiten des Ehemanns nicht geltend. Nach dessen Tod wurden die Schulden des Erblassers, insbesondere der Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau, bei der Berechnung des Erbanteils der Tochter in Abzug gebracht. Das Finanzamt berücksichtigte diesen Abzug jedoch nicht bei der Berechnung der Erbschaftsteuer.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolgreich. Das Finanzamt habe zu Unrecht den Zugewinnausgleichsanspruch der Klägerin nicht als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt. Die Schulden des Erblassers könnten bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer steuermindernd berücksichtigt werden. Ein Abzug sei möglich, sofern die Schulden im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung dargestellt hätten. Daran fehle es, wenn bei objektiver Würdigung der Verhältnisse in diesem Zeitpunkt nicht damit habe gerechnet werden können, dass der Gläubiger seine Forderung geltend machen werde. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich sei 2012 durch die Beendigung der Zugewinngemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann per notariellem Vertrag entstanden. Dieser Anspruch sei im Todeszeitpunkt noch nicht verjährt gewesen. Auch die wirtschaftliche Belastung sei im Zeitpunkt des Todes des Ehemanns gegeben gewesen. Obwohl die Klägerin die Zahlung nicht gleich geltend gemacht habe, bedeute dies nicht, dass sie den Ausgleich nicht später noch hätte einfordern können.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Haushaltsnahe Dienstleistungen: Sind Aufwendungen für Müllabfuhr und Abwasser abzugsfähig?
Wie Sie wahrscheinlich wissen, wird die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen durch eine Ermäßigung der Einkommensteuer gefördert. Haushaltsnahe Dienstleistungen sind Tätigkeiten, die normalerweise durch Mitglieder des privaten Haushalts selbst erledigt werden könnten und für die nun ein Dritter beschäftigt wird. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können 20 % der Lohnkosten, höchstens jedoch 4.000 EUR, von der festgesetzten Steuer abgezogen werden. Das Finanzgericht Münster (FG) musste nun darüber entscheiden, ob auch die Kosten für Müllabfuhr und Abwasser als haushaltsnahe Dienstleistungen berücksichtigt werden können.
In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin die Aufwendungen für Müll- und Abwasserentsorgung als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Das Finanzamt versagte die Steuerermäßigung, da die Leistungen außerhalb des Haushalts erbracht worden seien. Darüber hinaus könne der Sinn und Zweck der Vorschrift, nämlich die Verhinderung von Schwarzarbeit, bei kommunalen Entsorgungsunternehmen nicht erreicht werden, denn es sei nicht möglich, die streitgegenständlichen Leistungen selbst auszuführen bzw. an einen Dritten zu delegieren.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war unbegründet. Die geltend gemachten Aufwendungen seien nicht zu berücksichtigen. Als "haushaltsnahe" Leistungen könnten nur solche gelten, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung hätten bzw. damit im Zusammenhang stünden. Das seien Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt würden. In diesem Sinne bildeten handwerkliche Tätigkeiten im Haushalt, die im Regelfall nur von Fachkräften durchgeführt würden, keine haushaltsnahen Dienstleistungen. Die Entsorgung von Abwasser und Müll gehöre nicht zu den typischen Leistungen von Haushaltsangehörigen. Die Hauptleistung der Müllentsorgung erfolge nämlich außerhalb des Haushalts des Steuerpflichtigen. Das Bereitstellen der Mülltonne stelle nicht die Hauptleistung der Müllentsorgung dar. Ebenso beginne beim Schmutzwasser die Entsorgung frühestens mit der Einleitung in die städtische Kanalisation. Die Revision wurde zugelassen und bereits eingelegt.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
Außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung bei unverheirateten Paaren
Ein unerfüllter Kinderwunsch kann für ein Paar eine belastende Situation sein, vor allem wenn die Kinderlosigkeit darauf gründet, dass bereits von Anfang an die Wahrscheinlichkeit für die Weitergabe einer Erbkrankheit sehr groß ist. Zwar können die Kosten für eine künstliche Befruchtung bei Vorliegen einer Krankheit als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Aber ist auch eine chromosomale Translokation des Partners eine Krankheit? Darüber musste das Finanzgericht Niedersachsen (FG) entscheiden.
Die Klägerin war im Streitjahr ledig. Der Partner der Klägerin leidet an einer chromosomalen Translokation, einer genetischen Veränderung, die bei einem gemeinsamen Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit zu schwersten Behinderungen führen würde. Ende 2018 besuchte die Klägerin daher ein Kinderwunschzentrum. In der Einkommensteuererklärung beantragte sie, die Aufwendungen in Verbindung mit der bei ihr durchgeführten künstlichen Befruchtung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht an, da der Grund für die Kinderwunschbehandlung nicht in der Person der Klägerin gelegen habe, denn diese sei gesund.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG war erfolgreich. Nach der Rechtsprechung könnten Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn dadurch die auf einer Krankheit der Frau oder des Mannes beruhende Kinderlosigkeit behoben werden könne. Die chromosomale Translokation beim Mann sei als Krankheit anzusehen. Für den Abzug der Aufwendungen müsse keine Ehe bestehen. Bei der Klägerin könnten allerdings nur die von ihr gezahlten Beträge angesetzt werden. Die vom Partner gezahlten Beträge seien nicht zu berücksichtigen. Es gebe hier auch kein Wahlrecht wie bei verheirateten Paaren, die Aufwendungen durch den einen oder anderen Partner geltend zu machen.
Gegen dieses Urteil wurde die Revision zugelassen und auch bereits eingelegt. Die höchstrichterliche Entscheidung bleibt also abzuwarten.
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(aus: Ausgabe 08/2022)
An der Schule: Umsatzsteuer auf Kuchen entspricht nicht dem Geist der EU
Brüsseler Bürokraten sind im Volksmund an vielem Schuld, insbesondere an komplizierten Gesetzen, Überregulierungen und überbordenden Besteuerungsregeln. Nachdem einige Medien berichtet hatten, dass aufgrund der EU-Regeln künftig sogar der Kuchenverkauf an öffentlichen Bildungseinrichtungen der Umsatzsteuer unterliege, hat sich nun die Europäische Kommission zu Wort gemeldet. Vertreter Jörg Wojahn erklärte, dass es nicht die EU sei, die eine solche "Kuchensteuer" vorschreibe. "Wenn eine Landesregierung so etwas macht, ergibt sich das nicht aus den ursprünglich auf EU-Ebene beschlossenen Regeln, sondern aus der strengen Umsetzung einer EU-Richtlinie in Deutschland". Wojahn sieht in einem solchen nationalen Vorgehen einen klassischen Fall von "Goldplating". Das bedeutet, dass Bund und Länder eine EU-Richtlinie noch strenger umsetzen, als es eigentlich notwendig wäre.
In der ursprünglichen EU-Mehrwertsteuer-Richtlinie von 2006 ist geregelt, dass Einrichtungen öffentlichen Rechts wie Schulen grundsätzlich nicht umsatzsteuerpflichtig sind. Dies gilt allerdings nicht, wenn durch ihre Tätigkeiten eine größere Wettbewerbsverzerrung zu privaten Unternehmen entsteht. "Wenn eine Schülergruppe dreimal Kuchen verkauft, um ihre Schulparty zu finanzieren, ist das natürlich gar kein Problem", so Wojahn. "Wenn der geschäftstüchtige Schülersprecher sich aber jeden Morgen auf den Schulhof stellt und den Kuchen billiger anbietet als die Bäckerin nebenan, ist dies eine Wettbewerbsverzerrung." In diesem - wohl sehr seltenen - Fall greife dann die Regelung, dass der Verkauf besteuert werden müsse.
Hinweis: Der EU-Vertreter appellierte an Bund und Länder, die Umsetzung der EU-Richtlinie erneut zu überprüfen, damit auch die nationalen und regionalen Regeln dem EU-Geist entsprächen. Dieser solle nur den fairen Wettbewerb schützen, jedoch keine unnötige Bürokratie entstehen lassen. Bayern hat beispielweise schon Möglichkeiten gefunden, die Regeln entsprechend zu gestalten, um kleine Kuchenverkäufe nicht unnötig steuerlich zu belasten.
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zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 08/2022)